Hartweizenzüchtung zur Nudelherstellung
Seit dem Jahr 2012 gibt es am Keyserlingk-Institut eine Züchtung an winterfestem Hartweizen. Über Kreuzungen und Selektionen werden Sorten entwickelt, die auch unter ökologischen Anbaubedingungen in klimatisch rauen Gegenden ein vollglasiges Korn entwickeln, das geeignet ist für die Herstellung von Hartweizengries. Als Kreuzungspartner werden traditionelle, ältere Sorten, winterfeste Handelssorten und nahe Verwandte des Hartweizens wie Rauweizen und Emmer verwendet. In Zusammenarbeit mit der Überlinger Nudelmanufaktur werden die Sorten zu Gries vermahlen, dann zu Pasta verarbeitet und in der Folge in einem Geschmackstest bewertet.
In Deutschland wird in den letzten Jahren wieder vermehrt Hartweizen angebaut. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Markteinführung von winterfesten Sorten, die in Ihrem Ertragspotential im Durchschnitt 15 % über den bisher üblichen Sommersorten liegen. So ist der Anteil von Winterdurum am Hartweizenanbau in Deutschland in den letzten Jahren stark angestiegen und liegt aktuell bei rund 30%. Insbesondere das Anbaugebiet Süd-West profitierte von dieser Entwicklung.
Die bevorzugte Sorte ist Wintergold, eine Züchtung der Universität Hohenheim, bei der die Winterhärte von Emmer eingekreuzt wurde (rekurrent, über wiederholte Rückkreuzungen). Die in Deutschland verfügbaren Winterdurumsorten wurden ausschließlich auf die Bedingungen des konventionellen Landbaus hin gezüchtet. Hohe Gaben an Kunstdünger sowie der Einsatz von Pestiziden ermöglichen dort den rentablen Durumanbau. Im ökologischen Anbau stellen die schmalen Blätter und die schwache Bestockung des Hartweizens ein Problem dar, da die schwache Konkurrenz zu Beikräutern ertrags- und qualitätsmindernd wirkt. Im Ökolandbau in Italien werden vielerorts noch traditionelle ältere Sorten wie Senatore Cappelli, Russello, Timilia u.a. bevorzugt, die in ihrem Beikrautbeschattungs-vermögen und ihrer Stickstoffeffizienz Vorteile gegenüber neueren Sorten besitzen. In den Pastaprodukten wird die Qualität dieser Sorten als "superiore" (überragend) beworben.
Züchtungsziele
Für den Anbau als Wintergetreide in Deutschland ist ihre geringe Frosthärte ein Nachteil. Hartweizen hat einen hohen Bedarf an Stickstoff, im ökologischen Anbau ist dessen Verfügbarkeit begrenzt. Das Nährstoffaneignungsvermögen der hochwüchsigen älteren Sorten ist hier von Vorteil.
Die Züchtung von winterfesten Hartweizen für den ökologischen Landbau in gemäßigten Breiten soll den wachsenden Bedarf an regional produzierter Rohware bedienen. Das Keyserlingk-Institut als Zuchtstandort weißt durch seine Höhenlage relativ raue Bedingungen auf (730 m üNN).
Entwickelt werden soll ein winterfester, gegenüber Krankheiten robuster Hartweizen ohne Einbußen in der Verarbeitungsqualität, aus dem Nudelteigwaren hergestellt werden können, die sich in ihren sensorischen Qualitätsmerkmalen von dem sonstigen Sortenangebot abheben, damit diese sich unter anderen hochpreisigen Nudelprodukten behaupten können. Agronomische Merkmale für den ökologischen Landbau, wie Nährstoffeffizienz und Beikrautunterdrückungspotential werden mitberücksichtigt
Aus der bisherigen Züchtungsarbeit am Hartweizen entstanden bisher rund 100 Zuchtlinien verschiedener Nachkommenschaften, die in den kommenden Jahren umfangreicheren Prüfungen auf unterschiedlichen Standorten unterzogen werden sollen, so dass in wenigen Jahren schon Saatgut neuer, winterfester Hartweizensorten angeboten werden kann.